DSF-Interview mit Figo

Mit Real Madrid die Champions League gewinnen - so lautet das große Ziel von Luis Figo in dieser Saison. Und der 28-jährige Portugiese ist sich sicher, dass die "Königlichen" stark genug sind, um den Titel in der europäischen Eliteliga zu verteidigen. Im Exklusiv-Interview mit dem DSF NEWSCENTER spricht Europas Fußballer des Jahres außerdem über seine Ziele mit der portugiesischen Nationalmannschaft, die Situation von Bodo Illgner bei Real - und über die derzeitige Situation im deutschen Fußball.

Frage: Luis, Sie haben im vergangenen Jahr vieles erlebt. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz für 2000 aus?

Luis Figo: Wenn ich zusammenrechne, was im letzten Jahr alles um mich herum passiert ist, würde ich doch eine positive Bilanz ziehen - auch, wenn am Ende kein Titel herausgesprungen ist. Ich habe 2000 viel an internationalem Prestige gewonnen, denke sogar, daß mir der totale Durchbruch gelungen ist. Toll war für mich auch die Europameisterschaft mit der portugiesischen Nationalmannschaft. Aber das Wichtigste ist, dass ich auch in diesem Jahr gesund bleibe.

Frage: Mit Real Madrid sind Sie im europäischen Supercup wie auch im Weltpokal gescheitert. Was wollen Sie mit Ihrem Club in dieser Saison erreichen?

Figo: Wir wollen und werden dieses Jahr die spanische Meisterschaft und die Champions League gewinnen.

Frage: Sie haben lange Zeit für den FC Barcelona gespielt, bevor Sie zu Real wechselten. Fühlen Sie sich dort schon total integriert, sowohl was die Mannschaft als auch Stadt und Umfeld betrifft?

Figo: Ich fühle mich sehr wohl in Madrid, obwohl es am Anfang schon Anpassungsschwierigkeiten gab. Aber es wird von Tag zu Tag besser, ich fühle mich in Madrid beinahe schon zu Hause.

Frage: Haben Sie ein privates Verhältnis zu Bodo Illgner?

Figo: Nein, überhaupt nicht. Wir sehen uns immer nur beim Training. Er ist ein guter Kerl, der beim Training unermüdlich daran arbeitet, wieder eine Chance beim Trainer zu bekommen.

Frage: Wie sehen Sie persönlich seine Situation? Er ist Weltmeister, spielt aber nicht...

Figo: Man darf nicht vergessen, dass wir bei Real insgesamt 25 Spieler sind. Da gibt es immer mehr als nur einen, der momentan nicht spielen kann. Aber wenn wir ein Spiel gewinnen, haben wir alle gewonnen. Bei Real sind nur Top-Spieler unter Vertrag, und da fällt es einigen natürlich nicht leicht, nicht spielen zu können. Das ist zwar hart, aber so ist das hier nun mal.

Frage: Es heißt, dass der deutsche Fußball, nicht nur nach der EM 2000 in Holland und Belgien, in der Krise steckt. Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation im deutschen Fußball?

Figo: Ich wusste gar nicht, dass der deutsche Fußball in einer Krise steckt. In Deutschland wird qualitativ sehr guter Fußball gespielt, der Fußball dort ist sehr kraftvoll. Es gibt dort viele Spieler, die sowohl spielerisch als auch technisch auf sehr hohem Niveau stehen. Es stimmt zwar, dass Deutschland bei der EM eine schlechte Visitenkarte abgegeben hat. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass die Deutschen in den letzten Jahrzehnten den Fußball dominiert haben. Irgendwann kommt immer eine Durststrecke. Ich persönlich glaube, dass die neue Generation von jungen, deutschen Spielern die Nationalmannschaft in Zukunft zu alter Stärke führen wird.

Frage: Wie schätzen Sie den aktuellen Kader von Bayern München ein?

Figo: Der FC Bayern hat eine der besten Mannschaften der Welt. Der Club hat gute Chancen, die anvisierten Titel zu gewinnen. Das Team ist international optimal besetzt - sie haben viele Weltklasse-Spieler in ihren Reihen.

Frage: Ihr "liebstes Kind" ist die portugiesische Nationalmannschaft. Was ist aus Ihrer Sicht in diesem Jahr von dem Team zu erwarten?

Figo: Wir wollen den vielen portugiesischen Fans, sowohl zu Hause als auch im Ausland, viel Freude bereiten. Wenn wir uns für die nächste WM qualifizieren, haben wir unser erstes Ziel erreicht.

Das Gespräch führte DSF Spanien-Experte Miguel Gutiérrez.


Quelle: Sport1 im Januar 2001